Leserbrief

Feedback zur Ausstellung "Demokratie stärken - Rechtsextrimismus bekämpfen"

Vor ein paar Monaten hatten wir eine Ausstellung der Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem Titel: „Demokratie stärken - Rechtsextremismus bekämpfen“ bei uns im Forum stehen. Die Klassen 8-10 sollten durch die Ausstellung geführt werden, und darüber aufgeklärt werden, wie eine Demokratie funktioniert, wie wir sie schützen können, und welche Gefahren Rechtsextremismus und Rechtspopulismus haben. Zudem gab es einen Medientisch wo man sich Videos, Bilder und Statistiken angucken konnte. Es ist ein wichtiges Thema. Meine Erfahrungen, die Klassen durch die Ausstellung zu führen sind jedoch katastrophal.

Was ist Demokratie? Das ist die erste Frage die man einer Klasse stellen sollte bevor man darüber redet, wie man die Demokratie stärken kann. Die Antwort weiß niemand. Ich frage öfter nach, bis endlich sich ein Schüler meldet und sagt, dass man in einer Demokratie wählen gehen darf. Aber wen wählen wir denn überhaupt? Die Antwort aus der Klasse: Richter. Ohne viel Hoffnung frage ich, ob sich denn jemand schon mal politisch engagiert hat, keiner meldet sich, mich gucken einfach nur fragende Gesichter an. Ich erkläre, was der Begriff bedeutet und nenne Beispiele wie man sich politisch engagieren kann. Noch immer sehe ich keine Hand oben, denn keiner hat sich jemals politisch engagiert.

Beim Thema Rechtsextremismus ist das genauso. Wie soll ich ihnen erklären, was Rechtsextremismus ist und wie wir ihn bekämpfen können, wenn sie nicht wissen, was Rechts ist. Die Schüler/-innen gucken mich an, als würde ich das komischste der Welt sagen und die Lehrkräfte reden die ganze Zeit davon, wie enttäuscht sie von der Klasse sind. Doch wer trägt die Verantwortung? Die meisten Lehrkräfte sagen, es liege an den Schüler/-innen und die Schüler/-innen sagen, es liege an den Lehrkräften. Ich selber als Schüler kann mich keiner Seite zu 100% anschließen. Natürlich gibt es oft Schüler/-innen die nicht richtig zuhören oder nicht interessiert sind. Aber es ist trotzdem erforderlich, viel mehr über das Thema zu sprechen und zwar regelmäßig und nicht erst ab der 8. Klasse. Denn Radikalisierung beginnt viel früher, vor allem jüngere Menschen im laufe der Entwicklung sind anfälliger für radikale Inhalte, und es beruht meistens auf Unwissenheit.

Die deutsche Demokratie, wie wir sie heute leben darf nicht einfach als ein normales Thema in der 9. Klasse vorkommen, sondern muss zentral und viel früher besprochen werden. Ich habe mich daraufhin dazu entschieden, die Führungen durch die Ausstellung abzubrechen. Nicht nur, weil ich gemerkt habe, dass das nicht viel bringt, weil die Schüler/-innen viel zu weit vom Thema entfernt sind sondern auch, und da muss ich jetzt mal ehrlich werden, ich es nicht einsehe, über 10 Doppelstunden zu fehlen um die Versäumnisse der Schulen (damit meine ich auch die Grundschulen) wieder gut zu machen. Zudem kann ich das auch gar nicht. Um die Versäumnisse der Schulen wieder gut zu machen, braucht es jetzt einen Wandel, es muss im Unterricht mehr und ausführlicher drüber gesprochen werden und bei diskriminierenden Aktionen oder Aussagen muss angemessen reagiert werden, und zwar nicht durch die harte Strafen sondern durch Aufklärung. Was nicht passieren darf, ist dass diskriminierende Taten, sowohl verbal als auch physisch unter den Teppich geschoben werden, weil in Mathe was richtig Wichtiges ansteht. Des öfteren habe ich schon den Hitlergruß auf dem Schulhof gesehen und die Lehrkräfte, die diesen ignorierten. Und etliche Male habe ich es schon miterlebt, dass die Hakenkreuze an der Wand oder im Buch von den Lehrkräften “übersehen“ wurden. Und da frage ich mich: woran liegt das? Wissen die Lehrkräfte vielleicht selber nicht, wie sie damit umgehen sollen? Um das herauszufinden, müssen wir mit unseren Lehrkräften ins Gespräch kommen und uns darüber austauschen.

Ich hatte für die restlichen Klassen, die ich eigentlich noch durch die Ausstellung leiten wollte, eine kleine Rallye erstellt, mit der sie sich eigenständig die Ausstellung angucken konnten. Meine Hoffnung damit war, erst mal ein bisschen Grundkenntnisse in die Schüler/-innen zu zaubern. Zudem erhoffe ich mir, dass sich diesen Text auch einige Lehrkräfte durchlesen, auf das eigene Verhalten achten und gucken, was beim nächsten mal besser gemacht werden kann!